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DIE EVOLUTION DES GEHIRNS

 

Folgend aufgeführte Kapitel können durch Linkfunktion direkt angesteuert werden. 


Es wäre natürlich informativer, die Seite komplett durchzulesen.

 

 

KREATIONISTISCHE EINWÄNDE GEGEN ANTHROPOLOGISCHE METHODEN UND BEFUNDE

 

DAS ENERGIE-PROBLEM:
EIN GEHRIN MUSS MAN SICH LEISTEN KÖNNEN !

 

FÜR EIN GEHIRN MUSS EIN BEDARF BESTEHEN!

 

DAS GEHIRN: ALLGEMEINES ZU AUFBAU UND FUNKTION

 

Kreationistische Einwände gegen anthropologische Methoden und Befunde

Die Kreationisten (eine vor allem in den USA populäre Gruppe religiös motivierter Evolutions-Leugner) bestreiten die Abstammung des heutigen Menschen aus den bisher identifizierten Vorläufer-Menschen (homo erectus, homo habilis, homo australopithecus afarensis) und stellen die sukzessive Höherentwicklung von Nervensystemen bis hin zum heutigen menschlichen Gehirn in Abrede.

 Ebenso bezweifeln sie die Aussagekraft wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden, wie radiometrische Datierungen, biochemische und genetische Analysen und die Volumenermittlung von fossilen Schädeln!

Diese Einwände sind allerdings unhaltbar!

  Die zentralen Methoden einer genetischen Stammbaumerstellung bestehen in Sequenzanalysen von DNA, RNA, ribosomaler RNA und mitochondrialer DNA!  Auf Basis dieser und weiterer molekularbiologischen Methoden können Verwandtschaftsbeziehungen von heute noch lebenden Arten und auch von  ausgestorbenen Arten ermittelt werden, insofern bei Zweiteren noch DNA- bzw. RNA-Material isoliert werden kann. Unter Hinweis auf die Schwestern-Seite "www.menschheitsenstehung.de" (Link auf Startseite vorhanden) verzichte ich an dieser Stelle auf weitere Ausführungen zu Sequenzanalysen und dgl.!

 Da es durchaus spezifische morphogenetische Definitionsmerkmale für Menschen und Affen gibt, besteht die grundsätzliche Möglichkeit, ausgestorbene Primaten ggf. aufgrund eruierbarer Merkmale der Gruppe der Hominiden zuzuordnen (Hominiden sind jene Vertreter aus der Gruppe der Menschenaffen, die als unsere menschlichen Vorfahren gelten). Große Schädelvolumen und aufrechter Gang sind in diesem Sinne besonders hervorzuheben.

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AUF DEM WEG ZUM GEHIRN

 Wie könnte die Evolution ein derart unerhörtes Gebilde wie das menschliche Gehirn mit solch außergewöhnlichen Fähigkeiten hervorgebracht haben?!

Wir werden uns dieser Frage nun nähern und dabei drei gravierende Aspekte unter die Lupe nehmen: Zunächst geht es darum, ob und woher unter frühzeitlichen Bedingungen die Energie für ein großvolumiges  Nervengewebe im Kopf bereitgestellt werden konnte. Danach prüfen wir die möglichen "Gründe" für die Entwicklung eines komplexen Gehirnes. Welche Anforderungen könnten diesen Anpassungsschritt angeregt haben bzw. welche gravierenden Vorteile haben Lebewesen mit einem komplexen Gehirn? Danach wollen wir uns ansehen, was ein Gehirn überhaupt ist und wie die vielfältigen mentalen bzw. psychischen Phänomene erzeugt werden können.

 

ASPEKT I:
EIN GEHIRN MUSS MAN SICH LEISTEN KÖNNEN

 Für uns Industriestaaten- Bewohner hört es sich vielleicht komisch an, wenn man im Zusammenhang mit dem Gehirn von Ökonomie und Energieverbrauch redet?! Wir kämpfen längst nicht mehr gegen den Hunger als vielmehr gegen unser Übergewicht.

 Aber die Ernährungssituation unserer Vorfahren war eine völlig andere! Sie waren dazu gezwungen, sinnvoll mit dem Nötigsten umzugehen!

 Ein komplexes Gehirn mit ausgereiften kognitiven Funktionen und einem Ich-Bewusstsein zu besitzen hat viele Vorteile, wie wir uns ja alle gut denken können. Auf dem evolutionären Weg zum Gehirn gab es aber schwere Hürden zu überwinden die auch und insbesondere mit der Frage der Energieversorgung zusammenhängen! Ein menschliches Hirn verbraucht nämlich sehr viel Energie und deren kontinuierliche Verfügbarkeit galt es unter den damaligen Bedingungen erst einmal sicher zu gewährleisten!

Vorweg möchte ich einräumen, dass die Frage nach dem Wie keinesfalls abschließend geklärt werden konnte! Man weiß nur dass sich die notwendigen Bedingungen für die Evolution eines 1400 Gramm schweren, energiefressenden neuronalen Zellklumpens irgendwann auf irgendeine Weise eingestellt haben.

Auf einige überaus ernsthafte und erfolgversprechende Hypothesen zur Beantwortung dieser Frage werden wir auf dieser Seite zu sprechen kommen!

 

Zwischenkommentar zum wissenschaftlichen Theorie- und Hypothesenbegriff

".... Eine vorläufige Interpretation der erarbeiteten (experimentellen, reproduzierbaren) Tatsachen wird als Hypothese bezeichnet. Wissenschaftliche Hypothesen, die durch immer neue Fakten unterstützt werden, gelten aufgrund der "Tatsachenlast" irgendwann als gesichert und werden dann als Theorie bezeichnet. Im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch, wo das Wort Theorie eine negative Bedeutung hat (z.B. in Wendungen wie "nur theoretisch"; "er ist leider nur ein Theoretiker") und als Alternative zum positiven Ausdruck Praxis gesehen wird, ist in den Naturwissenschaften die Situation genau umgekehrt. Das Ziel der Forschung besteht in der Formulierung möglichst umfassender Theorien, die auch als Naturgesetze bezeichnet werden können. Wissenschaftliche Theorien sind somit die nach derzeitigem Erkenntnisstand als wahr (real) angesehen, aus Fakten abgeleiteten Bausteine unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes. Sie sind nicht vage, offen, auslegbar und durch Spekulationen zu ergänzen; es sind gesicherte, auf dem Boden der Realität (d.h. auf empirischen Tatsachen) aufgebaute Erkenntnisse über die reale Welt....."

siehe "Evolutionsbiologie" v. U.Kutschera S. 3

 

Wenn also nachfolgend Hypothesen über die Evolution des menschlichen Gehirns und dessen für das Bewußtsein relevanten Strukturen dargestellt werden, handelt es sich keinesfalls um Konfabulationen! Es geht vielmehr um reale Tatsachen und Zusammenhänge, über deren exakte Bedeutung sich die Wissenschaft z.T. noch nicht endgültig einig ist. Es darf aber festgehalten werden: Es spricht aus wissenschaftlicher Sicht nichts für das planerische Wirken eines kreativen Schöpfers! Die kreationistische Neigung jegliche naturwissenschaftliche Wissenslücke mit Mystik und religiösen Dogmen zu füllen, ist denkbar kontraindiziert, wie wir gleich sehen werden!

Bitte beachten: Ich behaupte nicht dass es keinen Schöpfer geben kann (zumindest hypothetisch). Ich behaupte nur das dieser angenommene Schöpfer im Falle seiner Existenz sich der EVOLUTION bedient hat, um vielfältiges Leben zu erzeugen und nicht - wie es die kindliche Vorstellungswelt der Kreationisten suggeriert- aus Lehm Figuren gebastelt und ihnen "Lebensodem" in die Ohren geblasen hat!

  Die Evolution ist eine aus Sicht der Naturwissenschaft erwiesene Tatsache! Allerdings ist es in der Tat unmöglich, jeden einzelnen Entwicklungsschritt, jedes einzelne artbildende Selektionsereignis und sämtliche Ursachen für eine bestimmte, erwiesener Maßen eingetretene Entwicklung im Detail aufzudecken! Man weiß "nur" wie es prinzipiell funktioniert!

 In nachfolgenden Abschnitten beziehe ich mich auf das Buch „Der domestizierte Affe“ von Peter F. Weber! Die Ausführungen stammen sinngemäß aus diesem Buch, wurden aber natürlich extrem gekürzt und auf den Kontext der eigenen Publikation ausgerichtet!

 Wenn man verschiedene Säugetierarten mit Primaten (Affen) und Menschen miteinander vergleicht, so sticht in Bezug auf deren Gehirn folgendes ins Auge:

Affen haben ein für Säugetier-Verhältnisse ungewöhnlich großes Gehirn. Menschenaffen wiederum haben für die Verhältnisse von Affen ein ungewöhnlich großes Gehirn und Menschen schließlich haben gegenüber den Menschenaffen ein ungewöhnlich großes Gehirn!

 Es existiert eine eindeutige Korrelation zwischen Hirngröße (Volumen) und Intelligenz, zumindest jedenfalls innerhalb von verwandten Arten! Verschiedene Vorläufer-Menschen (Hominiden) werden u.a. aufgrund ihres Hirnvolumens (ermittelbar indem man den Schädel mit  Flüssigkeit ausfüllt) klassifiziert. Je mehr Kubikzentimeter Nervengewebe wohl in den betreffenden Kopf gepasst haben, umso höher sind die kognitiven Fähigkeiten des Subjektes gewesen!

 Natürlich darf man die allgemein stimmige  Masse/Leistungs-Korrelation nicht zu sehr auf die Spitze treiben, insbesondere wenn es um Vergleiche zwischen wenig verwandten Arten geht!

Die (neuronale) Verschaltungsarchitektur ist selbstverständlich ein überaus gewaltiger Faktor in Bezug auf die Leistung eines Gehirns! Deshalb sind auch Elefanten (mit 4,5 Kilo schweren Gehirnen) nicht intelligenter als wir und deshalb ist auch ein Mann mit einem durchschnittlich 1375 Gramm schweren Hirn nicht zwangsläufig intelligenter wie eine Frau, deren Hirn durchschnittlich auf 1245 Gramm kommt!

 Der Mensch stellt jedenfalls eine Besonderheit in Bezug auf seine Hirnentwicklung dar! Er ist das einzige Lebewesen, dessen Gehirn nach der Geburt noch wächst! Die Rede ist in diesem Fall nicht von lern- und erfahrungsbedingten neuronalen Umbau-Prozessen, sondern vom rein quantitativen Wachstum der Hirnmasse! Das sich entwickelnde Hirn benimmt sich so, als würde die Schwangerschaft deutlich über 20 Monate dauern!

 Bedingt durch den aufrechten Gang des Menschen kann ein weibliches Becken aus statischen Gründen nicht noch breiter werden. Somit wird das Hirnwachstum erzwungener Weise aus dem Mutterleib nach außen verlegt.

 Der daraus resultierende Nachteil ist jeder Mutter bestens vertraut: Sie hat nach der Entbindung einen vollständig hilflosen und unselbständigen Balg am Hals der weder stehen noch gehen, ja nicht einmal aus eigener Kraft aufrecht sitzen kann!

 Wenn man es ganz genau nimmt: Die „Abschlußarbeiten“ der Gehirnreife finden sogar erst im frühen Erwachsenenalter statt! Dann nämlich erst sind sämtliche Nervenfasern im Hirn „myelinisiert“, d.h. mit einer Isolierschicht namens „Myelin“ (das ist ein Protein) versehen, welche die maximale Nervenleitgeschwindigkeit zwischen räumlich distanzierten Hirnbereichen gewährleistet. Das mitunter fatale Verhalten und die emotionalen Irritationen menschlicher Teenager werden u.a. mit dieser mangelhaften Isolierung der Nervenbahnen mit Myelin begründet! Die Verschaltungen passen zwar bei einem heutigen 14-17 jährigen Homo Sapiens soweit ganz gut, aber die Synchronisation verschiedener Rindenfelder der Großhirnrinde lässt eben noch etwas zu Wünschen übrig!

 Der Vorteil dieses extrem langwierigen Hirnreifeprozesses liegt in der enormen Plastizität (=Wandelbarkeit), welches das menschliche Hirn aufweist. Dieser Reifeprozeß ist (bei Menschen)  nämlich nicht nur eine innere Angelegenheit, sondern ein Wechselspiel zwischen Natur und Kultur. Wie kein anderes Lebewesen reagieren und interagieren wir auf bzw. mit den besonderen (familiären, kulturellen, gesellschaftlichen) Bedingungen innerhalb derer wir aufwachsen und von denen wir geprägt werden!

 Die nachgeburtliche Hirnreifung ist aber nicht der einzige Aufwand, den die Evolution für die Entstehung des humanen Hirns geleistet hat!

 Ein Gehirn ist -wie bereits angedeutet- unter energieökonomischen Aspekten der reinste Luxus!

 Das Hirn eines Menschen wiegt nur 2% seines Körpergewichtes, verbraucht aber 20% der Energie! Ein Kilo Hirnmasse benötigt 11,2 Watt! Das übrige Körpergewebe benötigt pro Kilogramm nur 1,25 Watt!

 Das Hirn eines Neugeborenen fordert gar 74% seiner Stoffwechselenergie !

 Die Ursache hierfür liegt in der enormen Menge an Stoffwechselreaktionen im Hirn! Die Nervenzellen werden ständig mit Kaliumionen vollgepumpt, Natriumionen hingegen werden aus den Zellen heraus geschleust! Außerdem produziert das Hirn unentwegt Botenstoffe, sog. Neurotransmitter und Hormone!

 Mit der Energiesituation eines wildlebenden Tieres oder der damaligen Vor-Menschen verhält es sich im Grunde genauso wie mit der finanziellen Situation eines (normal oder sogar nur gering verdienenden) Jetzt- Menschen! Will er ein Haus kaufen, kann er sich kein großes Auto mehr leisten! Hat er hohe Mietkosten darf er nicht zu oft in Urlaub fahren!

 Auch an den Körpern unserer Vorfahren musste irgendwo gespart werden, damit auf der anderen Seite die nötige Energiemenge für ein Gehirn freigesetzt werden konnte!

Peter F. Weber zählt in seinem Buch "Der domestizierte Affe" einige hochinteressante Fakten auf:

An verschiedenen inneren Organen und an der Skelettmuskulatur sind Einsparungen nicht möglich- zumindest nicht in dem Umfang, das der enorme Energiebedarf des Hirns damit ausgewogen werden könnte!

 Eine Lösung aber gab es: Den Verdauungstrakt, genauer gesagt den Darm! Wenn man einen Durchschnittswert für  Körpermasse, Hirnvolumen und Darmlänge aller Säugetiere ermittelt und diese Daten mit den Parametern des menschlichen Körpers vergleicht, dann kommt man zu folgendem erstaunlichen Ergebnis:

 Der Darm des Menschen ist um 60% kleiner, sein Hirn dafür um 60% größer! Das Hirn scheint sich im Vergleich zu einem "gewöhnlichen" Säugetier im Verhältnis 1:1 auf Kosten des Verdauungstraktes ausgedehnt zu haben!

 Der Verdauungstrakt ist am Rande bemerkt der zweitgrößte Energiefresser im Körper!

Nun sind aber Einsparungen am Verdauungstrakt auch nicht ganz unkritisch! Immerhin werden hier Nährstoffe aufgeschlüsselt und so umgewandelt, dass sie der Körper als Energie benutzen und/oder in eigenes Körpergewebe umwandeln kann!

 Diese Einsparung kann nur dadurch gelungen sein, indem unsere Vorfahren eine sehr effektive Nahrungsbeschaffung praktiziert haben. Der menschliche Körper wurde darauf ausgerichtet, geballte Energieträger oder „Kalorienbomben“- zu verdauen! 

 Wir essen ja im Durchschnitt locker 3 mal am Tag! Welches frei lebende Säugetier (abgesehen von Vegetariern natürlich) frisst vergleichbar häufig und regelmäßig?!

 Eine Kuh bspw. kann aus gewöhnlichem Gras Energie und Nährstoffe gewinnen! Sie hat auch 3 Mägen und weiß der Teufel wie viel Meter Darmlänge! Rein theoretisch könnte der menschliche Körper ebenfalls aus Gras Nährstoffe gewinnen – wenn er einen viel längeren und leistungsfähigeren Darm hätte! 

 Man weiß nicht ganz genau worin der springende Punkt bestand, der es dem Vormenschen ermöglichte, beständig an energiereiche, konzentrierte Nahrung zu gelangen und dadurch eine nicht unerhebliche Länge an Darmmetern einzusparen! Es mangelt aber nicht an „natürlichen Erklärungen“!

Die Allerweltserklärung hierfür sah lange Zeit schlichtweg so aus, dass unsere Vorfahren sehr effektive Jäger waren die tonnenweise Tierfleisch  erbeuteten und täglich Steak aßen! Diese Erklärung hinkt aber in mehrerlei Hinsicht! Zum Einen zeigen Beobachtungen an heutigen Naturvölkern, dass ein dauerhafter und kontinuierlicher Jagderfolg eigentlich gar nicht existiert! Üppige Fleischrationen sind eher die Ausnahme als die Regel! Gesammelte Früchte und ausgegrabene Wurzeln stellen bei diesen Menschen hingegen den größten Teil in der Gesamt-Ernährung dar! Die Beutetiere der Vormenschen waren überdies schnell, mitunter auch wehrhaft und in der sehr frühen Phase der Menschheitsentstehung waren die Hominiden auch bestimmt noch keine sehr schlauen Jagdstrategen, die ausgefeilte Waffen benutzen! Ferner gab es keine Möglichkeit erbeutetes Fleisch zu konservieren, d.h. der größte Teil eines erlegten Mammuts dürfte sinnlos verwest sein- wenn nicht zufällig 150 Leute gleichzeitig daran geknuspert haben. Man könnte hier noch auf weitere "Hinderungsgründe" für eine beständige "Frischfleischquelle" eingehen.

Statt dessen möchte ich auf eine sehr viel versprechende und zunehmend diskutierte Hypothese eingehen, die Peter F. Weber in "Der domestizierte Affe" näher vorstellt!

Diese Hypothese besagt, dass die Urmenschen in der Savanne Insekten verzehrt haben, die sie u.a. mit allergeringstem Aufwand und in erheblichen Mengen von Kadavern nehmen konnten, die in der afrikanischen Wildnis überall und allenthalben in der Gegend rum gammeln!

 

 Ein kleines Rechenbeispiel gefällig?

 100 Gramm afrikanische Termiten enthalten 610 Kilokalorien, 46 Gramm Fett und 38 Gramm Eiweiß! Ein Big Mac vom MC Donalds (wiegt etwa 220 Gramm) bringt es gerade auf 495 Kilokalorien, 25 Gramm Fett und 27 Gramm Eiweiß!

 100 Gramm äthiopische Fliegenlarven haben 60 Gramm Eiweiß und 26 Gramm Fett. Das entspricht der Eiweißmenge von 3 Steaks !!!

 Was macht diese Hypothese so brisant?! - Die Tatsache, dass Insekten aus genau jenen mehrfach ungesättigten Fettsäuren bestehen, aus denen auch das menschliche Hirn aufgebaut ist!

 Und wie steht es mit dem Ekel-Faktor?! Ist es nicht höchst giftig Krabbelviecher von vergammelnden Fleisch zu sammeln?!

 Nun- vergammelndes Fleisch ist in der Tat nichts für Menschen und war auch sicher für unsere Vorfahren uninteressant! Das sog. „Leichengift“ ist äußerst toxisch!

 Wenn aber eine Made Substanz von totem Fleisch in sich aufgenommen hat, dann hat diese Substanz schon einen Umwandlungsprozeß hinter sich! Die Larven produzieren ein Enzym das Eiweißstoffe in eine flüssige Brühe verwandelt welche sie dann aufsaugen. Ferner müssen die Larven so gut wie steril sein wenn sie sich verpuppen, sonst würden sie selber von Mikroben zersetzt werden! Die Natur hat sie mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet! Maden sind regelrechte Mirkobenvernichtungsmaschinen, die antibakterielle Sekrete abgeben!

 Und falls jemand Zweifel hat ob es genügend von den Dingern gegeben haben könnte:

Innerhalb eines Tages nach der Eiablage durch eine Fliege schlüpfen aus tausenden von Eiern 0,1 Milligramm leichte weiße Fressmaschinen, die binnen 5 Tagen zu fetten, 84 Gramm schweren Ekelpaketen heranwachsen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich auf einer einzigen toten Gazelle etwa gut 25 Kilogramm von dem Viehzeug tummelt!

 Es sei dahingestellt ob diese Hypothese den Nagel auf den Kopf trifft. Aber entweder auf diese, oder auf eine andere Weise ist es unseren Vorfahren offensichtlich gelungen, das Ernährungsproblem nachhaltig zu lösen!

Vielleicht ist die Antwort auch einfacher:

Ein gravierender Unterschied zwischen Mensch und Affe besteht nämlich in der chemischen Zusammensetzung des Speichels! Die Sappe die uns im Mund zusammenläuft ist nämlich in der Lage, Stärke aus Pflanzenknollen herauszulösen und so für die weiteren Verdauungsschritte in Magen und Darm verwertbar zu machen! Wenn Schimpansen oder allgemein Affen hingegen Erdknollen essen, scheiden sie den größten Teil der energiereichen Stärke beim nächsten Gang auf die Toilette wieder aus! Sie würden bei überwiegendem Verzehr von Knollen genauso verhungern wie ein Mensch verhungern würde, der hauptsächlich Gras ist! Das Zweiteres nicht etwa am Gras sondern am Verdauungstrakt liegt ist klar! Sonst könnte ein 600 Kilogramm schwerer Ochse seine muskulöse Masse nicht aus Gras bilden!
 
Wie sich die chemische Zusammensetzung des menschlichen Speichels durch eine Genmutation von jener der Primaten unterscheiden konnte, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Die Schwestern-Seite www.menschheitsentstehung.de befasst sich ausführlich mit mutations-und anpassungsbedingten Veränderungen des Erbgutes im Zuge des Evolutionsprozesses.

Es mangelt also keinesfalls an natürlichen Möglichkeiten, die den Startschuß für die Entstehung eines verdammt viel Energie verbrauchenden Gehirnes auf Kosten von Darmlänge gesetzt haben könnten! Eine weitere denkbare Möglichkeit wird unter dem Kapitel "Der aufrechte Gang" auf der Start-Seite dieser Homepage dargestellt. Die ungewöhnlich großen Füße des Menschen könnten in einem ebenso frappierenden Zusammenhang zu seinem großen Hirn stehen, wie sein kurzer Darm!

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 ASPEKT II:
FÜR EIN GEHIRN MUSS EIN BEDARF BESTEHEN

 Warum ist das menschliche Gehirn entstanden?! Eine saloppe, vielleicht blöd anmutende Antwort könnte lauten: Weil es Lebewesen gab die es sich erstens leisten konnten (Ernährungssituation) und die es zweitens benötigt haben!

 Die Angelegenheit bezüglich des "Sich-leisten-könnens" haben wir im vorherigen Kapitel abgehakt!

 Welche Vorteile resultieren aus einem komplexen Gehirn mit einem Gedächtnis, einem Bewusstsein und diversen kognitiven Fähigkeiten?!

 Bei Affen ist man auf folgenden Zusammenhang gestoßen: Je komplexer die Ernährungsgewohnheiten sind und je komplexer die sozialen Verflechtungen innerhalb der Gruppe sind, umso größer ist das Hirn und umso schlauer sind die Tiere! Das liegt auf der Hand: Ein Koala-Bär bspw. der tagein tagaus ausschließlich Eukalyptus-Blätter frisst braucht nicht viel Hirnschmalz! Ein Affe der sich von verschiedenen Früchten ernährt muss hingegen wissen wo die verschiedenen Leckereien zu finden sind. Er muss aber auch wissen zu welchen Zeiten sie reif sind (damit er nicht umsonst den Weg auf sich nimmt) und muss ggf. auch abwägen können, welchen Weg er benutzt (Gefahrenvermeidung, Arbeitsaufwand). Er braucht also mentale Landkarten wo er einige Fakten und räumliche Dispositionen speichern kann!

 

Für das Überleben in der Gruppe ist es erst recht wichtig, verschiedene Fakten zu einzelnen Mitgliedern speichern und deren Bedeutung richtig einschätzen zu können! Ein Schimpanse der von einem Tag auf den anderen vergisst, wer gerade die Lieblings- Tussi vom Chef ist oder wer sich mit wem gerade besonders gut versteht, kriegt womöglich unnötig häufig die Fresse poliert, wenn er wiederholt mit der falschen Braut flirtet oder ausgerechnet dem besten Kumpel des Clanführers die Bananen klaut!

 Nachfolgendes Zitat von Kenneth Craik, Autor von "The Nature of Explanation" vergegenwärtig uns die Vorteile eines Denkvermögens:

  "Das Nervensystem ist ... eine Rechenmaschine, die fähig ist, externe Ereignisse zu modellieren oder zu parallelisieren ... Wenn der Organismus ein "maßstäblich verkleinertes Modell" der externen Realität und seiner eigenen möglichen Handlungen im Kopf trägt, kann er verschiedene Alternativen ausprobieren, schließen, welches die beste ist, auf zukünftige Situationen reagieren, bevor sie auftreten, das Wissen vergangener Ereignisse nutzen, um mit zukünftigen fertig zu werden, und in jeder Hinsicht  viel umfassender, sicherer und kompetenter auf unerwartete Ereignisse reagieren, denen er sich gegenübersieht."

 Menschen können zukünftige Handlungsabläufe simulieren und den Unsinn im Kopf, off-line, ausmerzen! Dazu Karl Popper (Philosoph): "Das erlaubt unseren Hypothesen, an unserer Stelle zu sterben".

 Das entscheidende Kriterium welches "schlichte" Verhaltensweisen von Lebewesen ohne einem Ich-Bewusstsein von typisch menschlichen Verhaltens- und Handlungsweisen unterscheidet, besteht in dem Umstand, das wir "willentliche" ENTSCHEIDUNGEN treffen. Unentwegt fällen wir tagein, tagaus die unterschiedlichsten ENTSCHEIDUNGEN bezüglich kurz-, mittel-, und langfristiger Handlungsoptionen.

 Der populäre Hirnforscher und Buchautor Antonio Damasio unterscheidet mehrere sog.

 

 

NEUROLOGISCHE ENTSCHEIDUNGSAPPARATE
 

Die evolutionäre Hintergründe für die Entwicklung der Fähigkeit des Denkens dürfte seinen Ausführungen zufolge mit den damit verbundenen Vorteilen für das Treffen von Entscheidungen verbunden sein:
 Man kann in Gedanken das Szenario einer zukünftigen Situation entwerfen, ehe sie real eintritt. Hierzu können gespeichertes Wissen und Erfahrungen abgerufen werden, so dass bei Eintreten der Situation ohne Zeitverlust eine (ausgedachte) Handlung ausgeführt werden kann.

Entscheidungen zu treffen, entspricht also einer wesentlichen Essenz unserer menschlichen Natur und fast ständig sind wir in der Situation Entscheidungen treffen zu müssen, ob es nun um berufliche oder private Dinge, um einen Autokauf oder nur um die Frage geht, ob ich 2 oder 3 Stück Zucker in den Kaffee geben soll!

Damasio definiert 3 verschiedene Ebenen von "Entscheidungsapparaten":

 

- Der älteste ist für die fundamentale biologische Regulation zuständig.
 Er betrifft die Belange um Nahrungsaufnahme, Unterschlupf, Schlafen, etc.


- Dann kommt der Apparat für den persönlichen sozialen Bereich.
 Für das Überleben unserer hominiden Vorfahren war es nicht nur wichtig, allgemeine Informationen in einfache Kategorien einzuordnen  (z.B. genießbar/ungenießbar; gefährliches Tier/ leicht zu erlegendes Tier, etc.). Um sich in der eigenen Gruppe und gegenüber Fremden zu behaupten, galt es auch, sich Meinungen über andere zu bilden: Soll ich mich bei Konflikten mit diesem oder jenem Gruppenmitglied verbünden? Sieht ein Fremder gefährlich oder friedlich aus? Auch für unser heutiges soziales Überleben ist es wichtig, andere Menschen anhand gewisser Informationen- etwa auffälliger Verhaltensweisen- in geistige Schubladen zu stecken und das eigene Verhalten ihnen gegenüber zu modifizieren!


- Der "Jüngste" neurologische Entscheidungsapparat ist für abstrakte symbolische Operationen, für  wissenschaftliches Denken, Sprache, Mathematik etc. zuständig.
In diesen Strukturen entwirft man komplexere Repräsentationen in Form  von Metaphern und Analogien,  verwendet dabei (sprachliche) Symbole, setzt dieselben durch grammatische Begriffe in Bezug zueinander oder arbeitet mit Zahlen und mathematischen Formeln.

Nun haben wir sowohl etwas über die möglichen Bedingungen für die Entstehung eines komplexen Gehirns als auch über die aus einem solchen Gehirn resultierenden Vorteile erfahren!
 

 Eine Kleinigkeit wurde bisher aber ausgespart:

WAS IST ÜBERHAUPT EIN GEHIRN ?

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DAS GEHIRN:
ALLGEMEINES ZU AUFBAU UND FUNKTION

 Kein Grund zur Sorge- ich werde mich wirklich kurz fassen!

Ich versuche nachfolgend eine kriminell vereinfachende Grundrißzeichnung trivialer Hirnbereiche und –Funktionen darzulegen.

 Das Gehirn ist das komplexeste Organ im Körper. Seine ursprünglichste Aufgabe besteht darin, für das Überleben des Organismus zu sorgen!
Es steuert und reguliert alle Lebenserhaltungssysteme (Atmung, Herzschlag, Hormonhaushalt, Verdauung, etc.) und befähigt uns zu kognitiven Leistungen. Es bildet ein Gedächtnis, bringt Emotionen, Motive und Verhalten  hervor und generiert insgesamt die noch weithin unverstandenen und mystisch anmutenden Phänomene des BEWUSSTSEINS und des SELBST (Identität).

 Verantwortlich für einen jeglichen der vielfältigen funktionalen Abläufe und Vorgänge im Gehirn sind die NEURONE.

DAS NEURON

Unter Neuronen versteht man die etwa 100 Milliarden Hirn-Nervenzellen. Ein einzelnes Neuron kann mit 1000 bis 100.000 anderen Neuronen verbunden sein. Insgesamt ergibt sich eine theoretisch denkbare Zahl von 40 Billionen verschiedenen Verschaltungsmustern!

Einzelnes Neuron (grafische Darstellung) Netz aus verknüpften Neuronen

 

Ein Neuron kann Impulse anderer Neurone empfangen. Hierfür hat es spezielle Fortsätze, die sog. "Dendriten". Es kann natürlich auch eigene Impulse erzeugen und sie über einen weiteren Fortsatz, dem sog. "Axon"  weiterleiten. Sowohl am Zellkörper als auch an den Dendriten knüpfen die Axone anderer Neurone an. Allerdings sind Neurone nicht unmittelbar physikalisch miteinander verbunden! Zwischen ihnen befinden sich sog. SYNAPSEN, auch als "Synaptische Spalte" oder "Synaptische Endköpfchen" bezeichnet . Hierunter sind physische Verbindungslücken zu verstehen. Nur innerhalb eines Neurons wird der Impuls in rein elektrischer Form weitergeleitet. An den Synapsen werden die elektrischen Signale des Absender-Neurons in chemische Signale umgewandelt. Sog. NEUROTRANSMITTER - also Gehirnbotenstoffe- übernehmen diesen Teil der Reizübertragung. Im Empfänger-Neuron wiederum wird der chemische Impuls erneut in ein elektrisches Signal umgewandelt und weitergeleitet.

Abb. links:
Grafische Darstellung einer SYNAPSE:
Im "synaptischen Spalt" werden Informationen
in Form chemischer Botenstoffe übertragen.

Ein Neuron das gerade nicht aktiv ist befindet sich im "Ruhezustand". Wird ein genügend starker, die "Hemmschwelle" des Neurons überschreitender  Input von anderen Neuronen empfangen , so wird ein "Aktionspotential" ausgelöst, d.h. das Neuron meldet sich nun seinerseits mit einem eigenen Signal zu Wort. Die "Hemmschwelle" des Empfängerneurons bezeichnet also die erforderliche Stärke die ein externer Input haben muss, um es zu aktivieren. Das Aktionspotential wiederum bezeichnet die Stärke der elektrischen Entladung, mit der das Neuron auf diesen Input reagieren kann, indem es seinerseits "feuert". Wie gut oder stark die Signalübertragung zwischen Neuronen ist hängt aber nicht allein von der Stärke der elektrischen Signale ab, sondern insbesondere von der Verbindungsstärke der Synapsen! Die Signalübertragung an einer Synapse kann gut oder weniger gut sein. Je häufiger miteinander verschaltete Neurone Signale austauschen, umso besser funktioniert die synaptische Übertragung! Sämtliche Lernprozesse beruhen auf dieser Tatsache! Neurone können sich nicht nur gegenseitig erregen, sie können sich auch hemmen und am Auslösen eines Aktionspotentials hindern. Diesbezüglich existieren im Hirn die verschiedensten Verschaltungs-Architekturen!

Neurone sind also Schaltelemente, die viele Eingangssignale in ein Ausgangssignal umwandeln.

 

MAKROSKOPISCHE HIRNSTRUKTUREN

 Im Zentrum eines jeden Hirns (ob Mensch oder Tier) findet sich der Hirnstamm! Viele Tiere haben gar nicht wesentlich mehr als einen Hirnstamm vorzuweisen! Der Hirnstamm reguliert verschiedene Körper-Grundfunktionen wie Blutdruck, Atmung und Verdauungstätigkeit! Er lässt Hunger-und Sättigungsgefühl entstehen- und zwar infolge relativ „primitiver“ Rückkoppelungssysteme mit verschiedenen Körpersystemen.

 Das Zwischenhirn- bestehend aus Thalamus, Hypothalamus, Hirnanhangdrüse und limbischen System- ist für anderweitige Funktionen zuständig.

Der Thalamus gilt als eine „Relaisstation“, als ein „Tor zum Bewusstsein“. Alle Umweltreize laufen hier durch und werden gefiltert. Der Hypothalamus ist die Kommandostelle für Hormone, Schlafbedürfnis und Körpertemperatur. Er misst, filtert, reguliert. Während sich der Thalamus also um Sinneseindrücke von außen kümmert, ist der Hypothalamus um die internen Geschehnisse im Körper bemüht. Er versucht alles auszugleichen: Er lässt uns Durst verspüren und unsere Muskeln vor Kälte zittern- damit sie Wärme erzeugen!

 Das limbische System ist für Emotionen zuständig! Es geht hierbei nicht allein um Gefühle wie Liebe und Hass, sondern um eine triviale emotionale Bewertung aller eingehenden Informationen: Ist eine Situation/ein Ereignis gefährlich oder ungefährlich? Muss Alarm ausgelöst werden?

Auf Basis dieser Bewertung vegetieren 99,9% aller Tiere dahin! Sie leben im Hier und Jetzt, ihr Dasein beruht im Wesentlichen auf Fressen, Schlafen, Fortpflanzung und Kämpfen!

 Die ganzen bisher genannten Systeme haben nicht nur wir Menschen, sondern auch die ganzen Tiere! Nicht nur anatomisch, sondern auch funktionell stimmen wir mit ihnen überein! Selbst die meisten Neurotransmitter (=Hirnbotenstoffe) die Menschen und Tiere aufweisen, sind identisch!

 

Der CORTEX

Was nun folgt haben nur Primaten und Menschen – einen Cortex, eine Großhirnrinde!

 Alles was Affen und Menschen , alle anderen Tiere aber nicht können, hat mit dem Cortex zu tun!

 Und alles wozu ein Mensch fähig ist, was ein Affe aber nicht kann, hat mit dem präfrontalen Cortex- den (beiden) Stirnlappen- zu tun!

Ich bediene mich hier ganz bewusst der vagen Formulierung "hat damit zu tun" um keine "kontroversen" Gleichsetzungen zwischen Hirnstrukturen und mentalen Funktionen herzuleiten. Dadurch komme ich auch den religiös intentionierten Lesern etwas entgegen, die das Thema mit der "Seele" etwas anders sehen als die Wissenschaftler!

Peter F. Weber resümiert in "Der domestizierte Affe": 

"Die tieferen Strukturen repräsentieren die Natur, der Cortex hebt den Menschen als Kulturwesen hervor!"

 An dieser Stelle fragt sich vielleicht mancher, der sich bis Dato nicht mit dem Gehirn auseinandergesetzt hat, woher man denn wissen kann, welche Gebiete der Großhirnrinde mit welchen Funktionen zusammenhängen?!

 Diese Erkenntnisse resultieren aus mehreren Quellen: Zum Einen verfügt man mittlerweile über sehr sensible Technologien, die es erlauben, die Stoffwechselvorgänge im lebenden Hirn (primär: Durchblutung und die damit verbundene Sauerstoffversorgung der Hirnzellen in verschiedenen Regionen) zu beobachten! Man steckt hierfür Probanden in einen sog. „Magnetresonanztomographen“ und konfrontiert sie mit verschiedenartigen kognitiven Aufgaben oder setzt sie emotionalen Reizen aus (etwa durch das Vorzeigen von schönen, ekligen, grausamen, sexuell oder anderweitig erregenden Bildern). Regionen der Großhirnrinde die während der Stimulation oder der Aufgabenlösung besonders stark durchblutet werden, sind hierin funktional verstärkt  involviert!

 Man beachte die Formulierung „involviert“! Es ist zwar richtig, dass es im Hirn verschiedene schwerpunktmäßige „Zuständigkeitszentren“ für verschiedene Aufgaben gibt (etwa das sog. „Wernicke-Areal“ und das „Broca-Areal“ für das Sprachverständnis bzw. die Spracherzeugung). Das bedeutet aber nicht das man diese Gebiete als funktional autonom betrachten darf! Sie hängen eben stärker mit einer bestimmten Funktion zusammen als wie andere Regionen! Insgesamt ist das Hirn aber nur als gesamte Einheit funktionsfähig!  Ein Gehirn ist ein sog. „rückkoppelndes System“ indem unglaublich viele Dinge parallel passieren und sich dabei aber auch gegenseitig beeinflussen!

 Die zweite Erkenntnisquelle über die Funktionen bestimmter Hirnregionen sind Tierversuche. In der Anfangszeit der experimentellen neurologischen Forschung wurden diese verstärkt praktiziert. Ich möchte das nicht weiter (moralisch - ethisch) bewerten sondern nur sachlich darstellen! Man hat bspw. Affen Elektroden ins Hirn gepflanzt, bestimmte Hirnteile entfernt oder zumindest lokale Schaltkreise physikalisch durchbrochen um bspw. zu sehen, wie sich der betreffende lokale Eingriff auf die Bewältigung einer vorher trainierten Aufgabe auswirkt! Man darf davon ausgehen, das unnötiges Elend bei den Experimenten weitestgehend vermieden wurde! Die operativen Eingriffe zwecks Implantation von Elektroden oder Herbeiführung von Läsionen wurden unter Narkose durchgeführt! Die Verletzungen im Hirngewebe selber sind nicht schmerzhaft! Ansonsten würden auch menschliche Schlaganfall-Patienten vor Schmerzen brüllen, anstatt "nur" unter ihren diversen Ausfallerscheinungen zu leiden! Gehirnoperationen bei Menschen müssen oftmals sogar bei vollem Bewußtsein ausgeführt werden, weil in vielen Fällen die aktive Mitarbeit des Patienten erforderlich ist! Es kann sein dass der Patient während des Eingriffes Angaben über irgendwelche Wahrnehmungen machen muss! Dies könnte man wohl kaum von einem Menschen erwarten, der während des Eingriffes Höllenqualen erduldet! Wie gesagt: Das neuronale Gewebe selber ist nicht schmerzempfindlich!

 Als  dritte Informationsquelle für Zusammenhänge zwischen anatomischen Hirnbereichen und mentalen Funktionen sind menschliche Unfallopfer mit verschiedenartigen Hirnverletzungen an mehr oder weniger konkret eingrenzbaren anatomischen Bereichen zu erwähnen! Dank der modernen und immer effektiveren Unfallchirurgie überleben Menschen heutzutage mitunter auch sehr schwere Kopfverletzungen. Ob das für die betreffenden Leute in jedem Fall einen Vorteil bedeutet sei dahingestellt. Für die Wissenschaft aber sind diese menschlichen Katastrophen in gewisser Hinsicht „Glücksfälle“ – wenn man so einen Begriff hier überhaupt benutzen darf. 

 Weitere Erkenntnisse über das Hirn und seine Funktionen werden zwischenzeitlich auch aus computersimulierten künstlichen Neuralnetzwerken gewonnen. In solchen Netzwerken wird die neuronale Informationsverarbeitung mit künstlichen Neuronen simuliert, die - wie ihre biologischen Vorbilder- über unterschiedlich gut bzw. schlecht leitende Verbindungen untereinander verknüpft sind. Auch sie haben eine "Hemmschwelle" (bezeichnet die erforderliche Stärke eines elektrischen Inputs um eine Reaktion auszulösen), und ein "Aktionspotential" (bezeichnet die Stärke an elektrischen Output, den ein einzelnes Neuron erzeugen kann). Die Verbindungsstärken zwischen den einzelnen virtuellen Neuronen sind ebenfalls plastisch, d.h. veränderlich. Die Informationsverarbeitung innerhalb solcher Netzwerke erfolgt nicht nach starren (programmierten) Regeln! Vielmehr wird ein Netzwerk anhand von systematischen Input "trainiert" und die Regeln der Verarbeitung entstehen selber innerhalb des Systems.

 

Hierzu gibt es am Rande bemerkt ein faszinierendes Buch vom populären deutschen Hirnforscher Manfred Spitzer:

Titel: Geist im Netz
Untertitel: Modelle für Lernen, Denken und Handeln
Autor: Manfred Spitzer

Wen künstliche Neuralnetzwerke interessieren, der sollte sich auch folgenden Tipp nicht entgehen lassen:

Titel: Menschliches Denken Künstliche Intelligenz
Untertitel: Von der Gehirnforschung zur nächsten Computer- Generation
Autor: William F. Allman

 

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